Mittwoch, 16. Dezember 2015

Cannabis als Heilmittel: Positive Wirkung gegen Tumore erneut bestätigt

Cannabis als Heilmittel: Positive Wirkung gegen Tumore erneut bestätigt

Andreas von Rétyi

Eine ewige Diskussion lebt derzeit wieder auf. Am 22. Juli verkündete das Verwaltungsgericht Köln seine Urteile in fünf Verfahren, bei denen Kläger den Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischer Anwendung durchsetzen wollen. Cannabis geriet kürzlich unter anderem auch wieder in die Schlagzeilen, nachdem britische Wissenschaftler darüber berichtet hatten, auf welchem Weg Cannabis tatsächlich gegen das Krebswachstum wirkt.

Das Verwaltungsgericht Köln hatte in fünf Fällen über den therapeutischen Einsatz von Cannabis zu entscheiden, wobei die Betroffenen jeweils unter chronischen Schmerzen leiden und bereits über eine Genehmigung verfügen, Cannabisblüten legal zu erwerben. Was ist dabei noch das Problem? Die entstehenden Kosten werden in diesen Fällen nicht von den Krankenkassen übernommen, die Patienten sind aber auch nicht in der Lage, sie selbst zu bestreiten.

Also möchten sie die strittige Pflanze selbst anbauen sowie auch verarbeiten. Nun hatte aber das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die entsprechenden Anträge abgelehnt. Jetzt wurde das BfArM jedoch in drei jener fünf Fälle gerichtlich verpflichtet, die Sachlage neu zu bewerten.

Allerdings, so das Gericht, seien die Voraussetzungen für die entsprechende Genehmigung zum Eigenanbau »eingehend und individuell« zu prüfen. So müsse auch gewährleistet sein, dass ein Zugriff Dritter nicht möglich sei – sowohl auf die Pflanzen als auch auf die Produkte.

Bestimmte Auflagen müssten für eine Zulassung des privaten Anbaus erfüllt werden. In zwei Fällen wurde die Klage jeweils abgelehnt: Die Wohnsituation lasse bei einem Betroffenen einen gesicherten Anbau nicht zu, unbefugter Zugriff sei also möglich. Im zweiten Fall seien noch nicht alle durchaus zumutbaren therapeutischen Alternativen ausgeschöpft. Demnach könne der private Anbau auch hier nicht genehmigt werden.

Derweil bestätigen britische Wissenschaftler, dass der Cannabis-Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) das Tumorwachstum bremst – und sie wollen auch herausgefunden haben, wie das geschieht. Die vielseitige, seit uralter Zeit verwendete Nutzpflanze steht mehr und mehr auch imFokus der etablierten medizinischen Forschung, doch die Pharmaindustrie zeigt sich insgesamt eher wenig interessiert.

Eine alles erschwerende Rechtslage, auch Kosten für Genehmigungen werden hier ins Feld geführt, wie auch die deutsche Medizinprofessorin Kirsten Müller-Vahl erläutert, die bei ihren therapeutischen THC-Einsätzen über deutliche Erfolge beim Tourette-Syndrom berichtet. Doch da sich die Pflanzeninhaltsstoffe kaum patentieren lassen, zeigt die große Industrie kein sonderliches Interesse. Und gerade, wenn es um Krebs geht, will man hier offenkundig weiter die etablierten Standards pflegen.

Die Chemotherapie, die diesen Standard darstellt, obwohl sie ihre Wirksamkeit längst nicht unter Beweis stellen konnte, die Raubbau mit dem Organismus betreibt und lediglich bei einigen Krebsformen relative Erfolge verbuchen kann, wird nach wie vor allgemein zur Una Sancta erklärt, während alternative bzw. komplementäre Therapien vielfach kategorisch abgelehnt und regelrecht bekämpft werden.

Die Medien steigen immer wieder auf diese »Strategie« ein. So titelte die Ausgabe 28 des sternvom 3. Juli 2014: Gefährliche Heiler – Wie Alternativ-Mediziner die Not ihrer Patienten ausnutzen. Das klingt zunächst nach einer allgemeingültigen Beobachtung: Alternativmediziner als rücksichtslose Scharlatane, denen es nur um Geld geht.

Sicher, überall gibt es schwarze Schafe, aber das gilt bestimmt nicht allein für die Alternativmedizin. So rudert der Chefredakteur dann auch bereits im Editorial zurück und erklärthier, es gehe nicht darum, die »Erfolge der Alternativmedizin infrage zu stellen«. Wie dem auch sei, das Cover spricht eine andere Sprache, eine, die nicht zuletzt »Big Pharma« zusagen dürfte.

Was nun Cannabis betrifft, so setzt in den USA und einigen anderen Ländern der Welt ein Umdenken ein. Natürlich gehört zu allem der verantwortliche Umgang, das betrifft wiederum alle Lebensbereiche. Doch über viele Jahre hinweg hat die Forschung zahlreiche medizinische Studien durchgeführt, die eine positive Sprache sprechen, wenn es um den therapeutischen Nutzen von Cannabinoiden bei Krebs geht. Das ist also wahrlich nichts Neues. Diverse medizinische Studien legen dies unter anderem für Brust-, Lungen-, Prostata-, Leber-, Hirntumoren und andere Arten von Krebs nahe.

Die an der University of East Anglia (UEA) forschenden britischen Wissenschaftler, die über eine wachstumshemmende Wirkung von THC bei Tumoren berichten, ergänzen diese bereits bekannten Ergebnisse nun offenkundig durch ein tieferes Verständnis der zugrundeliegenden Vorgänge. In Berichten ist die Rede von einem großen Durchbruch, den die Gruppe um Dr. Peter McCormick von der UEA erzielt habe.

Es sei gelungen, Licht in die noch kaum verstandene Theorie zu bringen, derzufolge ein Inhaltsstoff von Marihuana eine Antikrebs-Wirkung besitze. THC als psychoaktiver Hauptbestandteil wird durch die neue Studie wiederum als effektives Mittel gegen Krebszellen beschrieben.

Die Forscher identifizierten zwei verschiedene spezifische Rezeptoren, die hierfür offenbar verantwortlich sind. Die aktuelle Studie ist im Journal of Biological Chemistryerschienen, wo Details nachgelesen werden können. Wie McCormick betont:
»Es bestand immer großes Interesse daran, die molekularen Mechanismen zu verstehen, wie Marihuana, und insbesondere THC, die Krebs-Pathologie beeinflusst. Durch Identifikation der hier beteiligten Rezeptoren haben wir einen wichtigen Schritt nach vorne getan, wenn es um die künftige Entwicklung von Therapeutika geht, die einen Nutzen aus den von uns gefundenen Wechselwirkungen ziehen können, um das Tumorwachstum zu verringern.«
Er rät seinerseits allerdings deutlich von Selbstmedikation ab und erklärt:
»Unsere Forschung nutzt ein isoliertes chemisches Präparat, wobei die richtige Konzentration entscheidend ist. Krebspatienten sollten Cannabis nicht zur Selbstmedikation heranziehen, aber ich hoffe, dass unsere Forschung zu einem sicheren synthetischen Äquivalent führen wird, das künftig verfügbar sein wird.«

Damit soll ein gezielter und sicherer therapeutischer Einsatz gegen Krebs möglich werden. Hier dürfte es dann auch plötzlich wieder für die Pharmaindustrie interessant werden. Doch ob ein solcher synthetischer Ersatz nicht auch unerwünschte Wirkungen mit sich bringt, bleibt dabei eine noch unbeantwortete Frage.


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